Die Energiebranche wird durch eine rasante Entwicklung gekennzeichnet. Der Prozess der europäischen Marktintegration begann vor einigen Jahren. Ziel dieser Integration ist die Schaffung eines einheitlichen europäischen Marktes, der es den Marktparteien erlaubt, auf einfache und effiziente Weise über die Grenzen hinweg mit Gas und Strom zu handeln.


Strommarkt

Kennzahlen-App iOS
Die TenneT TSO GmbH veröffentlicht in dieser App gemäß den gesetzlichen Bestimmungen netzrelevante Daten in einer für das iPhone optimierten Darstellung.
Mehr erfahren

E-Insights
Unsere Vision ist es, einer der transparentesten Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Europas zu sein und damit einen Wert für die Gesellschaft zu schaffen. In der Rubrik Energy Insights stellen wir Daten, Informationen und wertvolle Einblicke rund um das Thema Energie zur Verfügung.

Regulierung Niederlande
Welcher Anteil der Stromrechnung eines durchschnittlichen Privathaushalts besteht aus den Netzentgelten des Übertragungsnetzes? Wie werden die Netzentgelte festgelegt, die TenneT seinen Kunden berechnet?
Die Stromrechnung eines niederländischen Haushalts
Die Stromrechnung eines jeden Haushalts erfolgt regelmäßig über das gewählte Energieversorgungsunternehmen. Das Unternehmen führt dafür die Kosten für die Nutzung des Netzes an den Netzbetreiber des Nieder- und Mittelspannungsnetzes ab, wie Liander, Stedin oder Enexis. Den größten Teil dieser Einnahmen verwenden diese Verteilnetzbetreiber, um ihre eigenen Netze zu unterhalten und auszubauen. Sie zahlen aber auch für die Nutzung des nationalen Hoch- und Höchstspannungsnetzes von TenneT. Diese Verteilungsmethode, bei der die Kosten für die Nutzung einer Netzebene mit einem höheren Spannungsniveau an eine Netzebene mit einem niedrigeren Spannungsniveau weitergewälzt werden, wird als Kaskadenprinzip bezeichnet.
Die genaue Kostenverteilung hängt von zahlreichen Faktoren ab und ist daher von Haushalt zu Haushalt unterschiedlich. Ein durchschnittlicher Haushalt in den Niederlanden zahlt ungefähr 300 Euros Netzkosten pro Jahr. Sie werden vom Energieversorgungsunternehmen an den jeweiligen Verteilnetzbetreiber abgeführt. Der Verteilnetzbetreiber führt seinerseits einen Teil dieser Kosten, etwa 70 Euro pro Jahr und Haushalt, für die Nutzung des Hoch- und Höchstspannungsnetzes an TenneT ab.
TenneT betreibt auch das Offshore-Stromnetz, das die großen Offshore-Windparks mit dem nationalen Höchstspannungsnetz verbindet. Bei den Kosten für das Offshore-Netz wird zwischen Phase 1 und Phase 2 des "Offshore-Windenergie-Fahrplans" unterschieden. Die Kosten der Phase 1 werden über Fördermittel des Ministeriums für Wirtschaft und Klima vergütet. Die Projekte der Phase 2 werden über die Netzentgelte bezahlt.
Netzentgelte der Kunden von TenneT in den Niederlanden
Nicht nur die Verteilnetzbetreiber, sondern auch große Unternehmen sind direkt an das Hoch- und Höchstspannungsnetz von TenneT angeschlossen. Alle diese Kunden bezahlen für die Übertragungsdienstleistung die Netzentgelte, die die niederländische Behörde für Verbraucher und Märkte (ACM), also die niederländische Regulierungsbehörden, mit der jährlichen Netzentgeltentscheidung festlegt.
Im Herbst jeden Jahres werden die Netzentgelte für das kommende Jahr berechnet. TenneT legt dabei einen Netzentgeltvorschlag vor, und ACM veröffentlicht schließlich auf ihrer Website die Netzentgeltentscheidung, einschließlich einer Datei mit den zugrunde liegenden Berechnungen. Die zulässigen Einnahmen, die Aufteilungen nach Netzebenen, die erwarteten übertragenen Elektrizitätsmengen und die endgültigen Netzentgelte stehen auf der ACM-Website (auf holländisch) öffentlich zur Verfügung: https://www.acm.nl/nl/publicaties/tarievenbesluit-tennet-2023
TenneT verfügt über Netze auf zwei Netzebenen: dem Hochspannungsnetz mit 110 oder 150 kV (HS) und dem Höchstspannungsnetz mit 220 oder 380 kV (HöS). Kunden, die am Höchstspannungsnetz angeschlossen sind, zahlen andere Netzentgelte als Kunden im Hochspannungsnetz.
Die Rechnung der Kunden von TenneT besteht aus mehreren sogenannten Netzentgeltträgern. Dies sind die Komponenten ihrer Elektrizitätsabnahme, an die ein Netzentgelt gebunden ist.
Der Ausgangspunkt für das Zustandekommen der Netzentgeltentscheidung sind die maximalen Erlöse, die TenneT für seine Übertragungs- und Systemaufgaben einnehmen darf. Über eine Schätzung der (Spitzen-)Leistungen, die die Kunden in einem Jahr abnehmen werden diese maximal zulässigen Einnahmen über die Netzentgeltträger verteilt.
So wie Privathaushalte zahlen die großen Unternehmen und Verteilnetzbetreiber beispielsweise einen Grundpreis, der immer gleich ist.
Im Gegensatz zu Privathaushalten zahlen die Kunden von TenneT nicht pro abgenommener Kilowattstunde Elektrizität, sondern für die maximale Leistung (die Spitzenlast), die sie pro Jahr und Monat benötigen. TenneT muss dafür sorgen, dass das Höchst- bzw. Hochspannungsnetz diese Spitzenlast zur Verfügung stellen kann. Die verschiedenen Kunden von TenneT haben unterschiedliche Spitzenzeiten. Die jährliche Spitzenlast eines Verteilnetzbetreibers liegt normalerweise Ende Dezember um die Weihnachtszeit herum.
Die erwartete jährliche Spitzenlast eines TenneT-Kunden wird auch als kW-vertraglich, und die (Summe der) monatlichen Spitzenlasten als kW-max bezeichnet. Die Netzentgelte für kW-vertraglich und kW-max werden derart ermittelt, dass sie jeweils die Hälfte des Gesamteinkommens pro Netzebene betragen.
Kunden, die ihren Anschluss nur wenig nutzen und eine Betriebszeit von weniger als 600 Stunden pro Jahr haben, zahlen unterschiedliche Netzentgelte: Das Netzentgelt für kW-vertraglich beträgt dann die Hälfte des regulären Netzentgelts für kW-vertraglich und der kW max-Wert wird pro Woche berechnet, wobei der Preis aus dem 18/52sten (ca. 35 %) des regulären kW-max pro Monat besteht.
Beispiel: Netzentgelte 2023
Im Jahr 2023 wird TenneT auf Ebene des Höchstspannungsnetzes zusätzlich zum Grundpreis, knapp 862 Mio. Euro an Netzentgelten vereinnahmen. Da 91,8 % der Abnahme aus den Netzen von TenneT auf Ebene des Hochspannungsnetzes erfolgt und diese Kunden ebenfalls das Höchstspannungsnetz nutzen, werden 91,8 % dieser 862 Mio. Euro gemäß dem Kaskadenprinzip den Kunden auf Ebene des Hochspannungsnetzes in Rechnung gestellt. Die verbleibenden 8,2 %, die den Kunden auf Ebene des Höchstspannungsnetzes in Rechnung gestellt werden, entsprechen mehr als 70,5 Mio. Euro.
Auf Ebene des Hochspannungsnetzes darf TenneT 2023 Einnahmen von rund 430 Mio. Euro erzielen, zuzüglich der mehr als 791 Mio. Euro, die über das Höchstspannungsnetz in Rechnung gestellt werden. Damit belaufen sich die Gesamteinnahmen von TenneT auf Ebene des Hochspannungsnetzes im Jahr 2023 auf mehr als 1.221,5 Mio. Euro.
Damit erhöht sich das Gesamteinkommen von TenneT im Jahr 2022 auf 1.292,5 Millionen Euro.
Die Netzentgelte werden daraufhin so festgelegt, dass die erwarteten Einnahmen pro Netzebene diesen maximalen Einnahmen entsprechen, die TenneT unter Berücksichtigung der Verteilung zwischen den verschiedenen Netzentgeltträgern erzielen darf. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die tatsächlich erzielten Einnahmen von den zulässigen Einnahmen abweichen, weil die zugrundeliegenden Mengen von den angenommenen abweichen, wird die Differenz in einer späteren Netzentgeltentscheidung ausgeglichen. Dadurch erhält TenneT immer die von ACM zugelassenen Einnahmen.
Von entstandenen Kosten bis zu den zulässigen Einnahmen
ACM bestimmt nicht, wie oder für welche Zwecke TenneT sein Geld ausgeben kann, sondern welche Ergebnisse beispielsweise in Bezug auf Qualität und Zuverlässigkeit erzielt werden müssen. Dies nennt man Qualitätsregulierung: Durch die Begrenzung der Netzentgelte und damit der Einnahmen von TenneT bei gleichzeitiger Festlegung von Anforderungen an die zu erzielenden Ergebnisse wird das Marktgeschehen simuliert. TenneT wird dadurch dazu angeregt, so effizient wie möglich zu arbeiten.
Die Berechnung der Netzentgelte von TenneT für die Stromübertragung beginnt bei den Einnahmen, die TenneT in diesem Jahr erzielen darf. Zu diesem Zweck erlässt die ACM alle 3 bis 5 Jahre einen Methodenbeschluss für Übertragungsdienstleistungen und einen Methodenbeschluss für Systemdienstleistungen (auf holländisch: https://www.acm.nl/nl/publicaties/methodebesluit-tennet-transport-2022-2026). Der Zeitraum, für den der Methodenbeschluss gilt, wird als Regulierungsperiode bezeichnet.
TenneT hat gegen die Methodenbeschluss 2022-2026 Berufung eingelegt. Das für 2023 erwartete Gerichtsurteil könnte ACM dazu verpflichten, den Methodenbeschluss zu überarbeiten, was zu höheren zugelassenen Einnahmen für TenneT führen würde.
Zu Beginn einer Regulierungsperiode werden die Kosten von TenneT in einem sogenannten Basisjahr bzw. mehreren Basisjahren berücksichtigt. Für die Regulierungsperiode von 2022 bis 2026 wurden beispielsweise die Jahre 2018 bis 2020 als Basisjahre berücksichtigt. Basierend auf den Kosten, die TenneT in der Vergangenheit entstanden sind, wird prognostiziert, wie sich das Kostenniveau während der Regulierungsperiode auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren entwickeln kann, darunter:
TenneT darf eine angemessene Rendite auf sein investiertes Kapital erzielen. Zu diesem Zweck legt die ACM einen gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) fest, der auf den erwarteten Kosten für Fremd- und Eigenkapital basiert.
Die Regulierungsmethode geht von einer jährlichen Verbesserung der Produktivität aus, die sich beispielsweise aus dem technologischen Fortschritt und der Änderung der Einkaufspreise ergibt. Diese wird mit dem Generellen sektoralen Produktivitätsfaktor gemessen. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei gleichen Ergebnissen künftig weniger Kosten anfallen werden. Diese Verschiebung wird als Grenzwertverlagerung bezeichnet und in der Regel als Abschlag auf das zulässige Einkommen angewendet.
In einem internationalen Effizienzvergleich werden europäische Übertragungsnetzbetreiber miteinander verglichen und Effizienzwerte bestimmt. Die Ergebnisse dieses Vergleichs werden von ACM genutzt, um die Effizienz von TenneT zu bestimmen, d. h. wie viel effizienter TenneT im Vergleich zum „besten“ ÜNB arbeiten könnte.
Nachdem die Parameter im Methodenbeschluss festgelegt wurden, berechnet die ACM den sogenannten X-Faktor. Dies ist der Prozentsatz, um den die Gesamteinnahmen von TenneT während Regulierungsperiode steigen oder sinken. Der X-Faktor wird in einem X-Faktor-Beschluss festgelegt.
Der Methodenbeschluss und der X-Faktor-Beschluss gelten für die gesamte Regulierungsperiode. Im Herbst jeden Jahres, wenn die Netzentgelte von TenneT für das kommende Jahr festgelegt werden, werden die mit dem X-Faktor und dem Verbraucherpreisindex berechneten zulässigen Einnahmen als Grundlage herangezogen. Anschließend werden noch einige Korrekturen in der Netzentgeltentscheidung vorgenommen. Beispielsweise werden TenneT bereits in der Errichtungsphase die Kapitalkosten hoher Investitionen für den Ausbau erstattet. Sie werden jährlich zu den zulässigen Einnahmen hinzugerechnet, bevor die endgültigen Netzentgelte berechnet werden. Die Netzentgeltentscheidung regelt auch die Kosten für den Kauf von Energie und Leistung für die Versorgungssicherheit von TenneT, wie zum Beispiel Normal-, Reserve- und Notfallleistung. Dies geschieht auf der sogenannten „t+2“-Basis, was bedeutet, dass die Kosten eines bestimmten Jahres t zwei Jahre später (t+2) in den Netzentgelten enthalten sind.